Handarbeit, Herstory und Home Improvement

Weltfrauentag in Burkina Faso, Foto von Hugues @ flickr

Weltfrauentag in Burkina Faso 2008, Foto von Hugues @ flickr

Heute ist Weltfrauentag – oder doch erst in zwei Wochen? Dass sich Veranstaltungen nicht an Gedenktage halten (wie die Liste im Mädchenmannschaft-Blog zeigt), war vorhersehbar. Beim Weltfrauentag liegt das Problem aber tiefer: Der erste international gefeierte Frauentag war der 19. März 1911, als sozialistischer Kampftag vor allem für das Frauenwahlrecht.

Der 8. März als Beginn der russischen Februarrevolution mit großen Arbeiterinnendemonstrationen wurde erst nach 1917 zum neuen Datum des Weltfrauentags und später unter Bezug auf einen umstrittenen Textilarbeiterinnenstreik auf 1857 zurückerklärt. Alice Schwarzer forderte im letzten Jahr sogar die Abschaffung des Weltfrauentags – nicht zuletzt wegen seiner Tradition. Es ist also kompliziert, und vielleicht sollte einfach der ganze März gefeiert werden.

In Wien tut man das auch beinahe, und während man sonst für Streetart eher ins dortige Graffitimuseum geht, entsteht zum Weltfrauentag Guerilla Knitting: KnitHerStory ruft im Rahmen der 2000 Frauen Demo dazu auf, alles zu umstricken, was sich auf der Route der ersten Wiener Demonstration so findet: Straßenlaternen, Bäume, Bänke… Mit dabei sind die Strickistinnen (Stricken ein, an, gegen), die weiblich konnotierte Handarbeitstechniken aus dem privaten Raum holen wollen.

Um auch "herstory "zu schreiben: Clara Zetkin (links, hier mit Rosa Luxemburg) setzte den ersten Weltfrauentag gegen ihre männlichen SPD-Parteigenossen durch

Das hinter der Aktion stehende Konzept – „HerStory“ statt „history“ – ist ein gutes Beispiel, wie soziale Bewegungen, hier der Feminismus, Do-It-Yourself-Geschichte von unten schreiben. Die zweite Frauenbewegung kritisierte die traditionelle Geschichtsschreibung als reduziert auf das Handeln berühmter Männer. Frauen seien nicht nur wegen ihrer Diskriminierung in der Geschichtsschreibung unterrepräsentiert, die Themen der Geschichtsschreibung müssten sich genauso ändern. Uns gefällt natürlich am besten, wenn die Erforschung von Frauengeschichte dann auch noch tatsächlich „von unten“ durch Amateure und Laien passiert – wie über das Wikipedia Projekt Women’s History oder als Wednesday Geek Women im Geekfeminism-Blog.

Wenn man dann über die ersten Frauentage als Kampf um Dinge wie Wahlrecht und legalen Schwangerschaftsabbruch liest und Weltfrauentage in anderen Ländern (wie die oben  abgebildete Demonstration in Burkina Faso) betrachtet, scheinen vielleicht manche Probleme fundamentaler und die meisten Dinge regional unterschiedlich. Aber eigentlich sind es gerade seine vielen Gesichter, Anliegen und Formen, die den Weltfrauentag für mich feiernswert machen. Und weil das gut so ist, zum Abschluss ein paar feministische Blogtipps, bei denen für fast jedes Anliegen etwas dabei ist.

Feministisches "Zubehör"; Foto von cathredfern @ flickr

Politik zum Weltfrauentag liest sich neben allem schon Erwähntem auch gut im mädchenblog oder international im Young Feminist Wire Portal. Wer schon immer Zines gerne mochte, findet mit grrrlzines ein ganzes Verzeichnis, ergänzt durch Interviews – kann aber natürlich auch mit dem Hochglanz gewordenen Missy Magazine und dessen Linkliste anfangen. Fürs Heimwerken empfehlen wir heute Homehandywoman (What your father didn’t teach you and your mother didn’t know) und das Dare To Repair Blog.

Wer am Weltfrauentag Lust auf Handarbeit hat, dem sei der Beitrag Celebrate Women’s History By Picking Up a Needle and a Thread als Einblick in das Verhältnis von Feminismus und Nadelarbeit im Craftzine-Blog wärmstens empfohlen. Und spätestens an dem Punkt muss Frau wie Mann feststellen: Anlässlich des Weltfrauentags lässt sich auch jede andere Do-It-Yourself-Anleitung basteln, ob für Frauen, Männer oder einfach nur für Selbermach-Fanatiker_innen…


via YouTube Kanal von unitednations: „UN Women: a powerful new agency for women and girls em>

Über theresa gessler

Theresa Gessler studiert Soziologie an der Goethe Universität Frankfurt und war von Oktober 2010 bis Februar 2011 semesterbegleitend Praktikantin am Museum für Kommunikation Frankfurt.
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