Türchen 22: Andreas Versteckbuch

Selbstgemachtes Versteckbuch. Foto: Andrea Diener

meine bastelarbeit für den diy-adventskalender
von Andrea Diener (Reisenotizen aus der Realität)

Auf einem Flohmarkt habe ich einmal ein altes Versteckbuch gefunden. In seinem früheren Leben als Buch enthielt mein Versteckbuch einmal die gesammelten Monthly Reviews des Jahres 1788, ungefähr hundert Jahre später galt der alte Schinken nichts mehr und wurde umgebaut. Die Rezension von „The Nobleman, Gentleman, Land Steward, and Surveyor’s Complete Guide“ (gleich nach der gewiss sehr lesenswerten Besprechung von „Origin und Progress of Language“) ist nun nicht mehr complete.

Das Ding beeindruckte mich einerseits als ungewöhnliches Objekt. Später erst habe ich festgestellt, daß es auch ungemein praktisch ist. Wenn man aus diversen Gründen haufenweise Bargeld hortet, etwa weil man sich überteuerte Technik anschaffen will, ist so ein Versteckbuch ganz prima. Man weiß in der Regel immer, wo es ist, die Momente sprachloser Panik angesichts verlegter Umschläge entfallen, und so ein Versteckbuch fühlt sich ja immer ein wenig nach Versteck an. Man kann dort auch ganz andere Dinge horten. Manchmal braucht man eben Verstecke.

Basteln wir uns also ein Versteckbuch, denn Basteln ist ja immer dann am sinnvollsten, wenn dabei Dinge entstehen, die man nicht irgendwo kaufen kann. Suchen wir uns eine dicke, unlesbare, einigermaßen dekorative Schwarte. Meine Wahl fiel auf eine ganz hübsche, aber ziemlich wertlose Buchclubausgabe der Wikingersaga „Röde Orm“, in dem das ganze Personal heißt, als könne man es bei Ikea bestellen. Aber das mag auch an mir liegen, ich ziehe nämlich gerade um. Röde Orm fristete bei mir ein paar traurige Jahre als Türstopper, nun wird er entkernt. Daß ich Gewaltphantasien gegen Bücher auslebe, mag natürlich auch damit zu tun haben, daß ich gerade umziehe.

Selbstgemachtes Versteckbuch. Foto: Andrea Diener

Malen wir also ein Rechteck. Dann schneiden wir das Rechteck mit einem Skalpell aus. Es muß nicht so wahnsinnig ordentlich sein, denn da wird später, wie auch beim alten Original, Papier hineingeklebt. Und jetzt fängt die Wahnsinnsarbeit an: Mit der Papierfaser schneidet es sich halbwegs gut, gegen die Faser, also der Zeile folgend, eher bescheiden. Ich habe festgestellt, daß es am einfachsten ist, wenn man das Buch quer vor sich legt. Ab und zu sollte man den Buchblock gerade richten, denn dadurch, daß das Ding ja aufgeschlagen vor uns liegt, verschieben sich die Seiten und alles wird schief. Am besten so alle fünfzig Seiten mal kontrollieren.

Besonders schnell kommt man nicht voran, also besser Tee kochen und Musik hören dabei. Aber es geht immer noch schneller als die ganze Saga zu lesen. Ab und zu bleibt man an Wörtern, an Sätzen hängen, es geht irgendwie dauernd um Nonnen, zumindest da, wo ich geschnitten habe.

Selbstgemachtes Versteckbuch. Foto: Andrea Diener

Irgendwann beschließt man, tief genug zu sein, dann braucht es ein Stück Papier. Ich habe Geschenkpapier mit einer Seekarte drauf, das paßt ja, das wird an den Ecken eingeschnitten und in die Vertiefung hineingefalzt. Ganz einfach. Dann muß man noch die erste Seite schneiden, das wird die Deckseite, und die sollte ordentlich aussehen. Ich schneide die Längskanten mit dem Skalpell und die Querkanten mit der Schere, dann alles ordentlich mit der Schere nach. So, glatt. Soll ja nach was aussehen.

Selbstgemachtes Versteckbuch. Foto: Andrea Diener

Und bevor alles festgeklebt wird, bleibt das Buch jetzt erstmal eine Nacht liegen und glättet sich. Am nächsten Tag hat man dann nur noch ganz nette Klebearbeit. Das schöne Papier wird in die Vertiefung geklebt, und die oberste, ordentlich geschnittene Seite obendrauf. Und das war’s dann auch schon! Fertig ist das Versteckbuch. Man kann natürlich auch was drin verschenken. Oder oder. Denkt Euch halt selbst was aus! (Und hier ist der ganze Adventskalender.)

Selbstgemachtes Versteckbuch: Foto: Andrea Diener
 

Reisenotizen aus der Realität gibt es in dieser Form schon seit 2001. Das Frankfurter Blog ist ein Reisetagebuch des Alltags. Text und Bilder wurden zuerst im Blog Reisenotizen aus der Realität veröffentlicht und erscheinen hier als Zweitpublikation im DIY Adventskalender mit Genehmigung der Urheberin.

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2 Antworten auf Türchen 22: Andreas Versteckbuch

  1. […] Türchen: Reisenotizen aus der Realität> Andreas Versteckbuch […]

  2. Robert sagt:

    „Daß ich Gewaltphantasien gegen Bücher auslebe, mag natürlich auch damit zu tun haben, daß ich gerade umziehe.“
    Den werde ich mir merken. 🙂

    Allerdings möchte ich noch die unmaßgebliche Bemerkung machen, daß es möglicherweise nicht sehr zielführend ist, ein Geld-Versteckbuch zu basteln und anschließend den Buchrücken zu fotografieren. Aber um ganz sicher zu gehen, könnte man die Bücher auch falsch herum ins Regal stellen.
    Ich probiere das mal.