Arbeitsblätter für Schüler

Lehrermaterial

Lehrermaterial (PDF): 44 Seiten Arbeitsblätter und Lösungen


Das Wissen der Hand

von Rosemarie Wesp

„Was man lernen muss, um es zu tun, das lernt man, indem man es tut“, schrieb Aristoteles im 4. Jahrhundert vor unserer Zeit. Am Anfang aller Bildung wird damit auf ein Konzept verwiesen, das nicht ein Nacheinander von zuerst kognitivem Verständnis und dann folgender praktischer Anwendung kennt, sondern das ausprobierende Tun der tätigen Hand selbst als Bildungsprozess beschreibt. In der Moderne zerfällt dieser einheitliche Bildungsbegriff. Das tätige Tun wird zur (vor allem handwerklichen) Ausbildung herabgesetzt, dem die Sphäre der Bildung als rein geistiger Prozess entgegen gesetzt wird.

Auch in der Stundentafel der Schule ist in den letzten 50 Jahren dieser Prozess ablesbar. Die in die geschlechtsspezifischen Nischen abgedrängten praktischen Fächer Handarbeit für die Mädchen und Werken für die Jungen sind der Bildungsreform zum Opfer gefallen. Allenfalls im Kunstunterricht haben sich Reste gestalterischer Aktivitäten erhalten, sie dürfen aber nicht nützlich oder gar praktisch sein, sondern ausschließlich ästhetischen Kriterien genügen.

Bildungstheorien

Die Bildungstheorien, die die Trennung von praktischer Ausbildung und theoretischem Lernen überwinden wollten, sind selbst historisch geworden. Robert Baden-Powell, der Gründer der Pfadfinderbewegung, wäre hier zu nennen. In seinem 1908 erschienenen Buch „Scouting for Boys“ taucht mit „Learning-by-doing“ die aristotelische Einheit wieder auf.

Auf der wissenschaftlichen Seite ist es John Dewey, der 1915 in seinem Buch „Schools of Tomorrow” diesen Begriff wortgleich aufnimmt. Lernen sollte nach Ansicht von Dewey auf Erfahrung aufgebaut sein. Lernende sollen in einer Lernumwelt experimentieren und dabei selbst die Realität entdecken. Auch die Idee der Projektarbeit ist bei Dewey schon vorhanden, die er in seiner Versuchsschule erprobte. Er schuf dort Lernumwelten,
in denen die Schüler mit verschiedenen Materialien, in Werkstätten, Bibliotheken und Schulgärten praktisch-spielerisch lernten.

Der deutsche Pädagoge Georg Kerschensteiner, auf den die Einführung des achten Volksschuljahres zurückgeht, stellt ebenfalls die eigenständig-praktische Tätigkeit in den Vordergrund: „Das Wesen des Menschen um diese Zeit ist Arbeiten, Schaffen, Wirken, Probieren, Erfahren, Erleben, um ohne Unterlass im Medium der Wirklichkeit zu lernen“ schreibt er in seiner Schrift „Die Schule der Zukunft eine Arbeitsschule“.
Spontaneität und manuelles Tun gehörten zur pädagogischen Arbeit. Kerschensteiner richtete neben der Einführung von kindgemäßem Physik- und Chemieunterricht Holz- und Metallwerkstätten, Schulküchen und Schulgärten ein.

Der Didaktiker Martin Wagenschein entwickelte für die Naturwissenschaften das Konzept des „Exemplarischen Lernens“, das statt Vollständigkeit und Stofffülle auf ein induktives Vorgehen und Lernen am Beispiel setzt. Oskar Negt überträgt diesen Ansatz auf das gesellschaftspolitische Lernen.

Arbeitslehre und Handwerk

Im Fach Arbeitslehre, das seit den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts in Haupt-, und eingeschränkt auch in Realschulen eingeführt wurde, wird noch einmal versucht kognitive Schulung und manuelle Tätigkeit zusammen zu führen. Seinen Ursprung hat dieses Fach im polytechnischen Unterricht der DDR. Dieser häufigste Schultyp der DDR war eine zehnjährige Ausbildung mit praktisch-beruflich orientierten Unterrichtsanteilen.
Bis heute ist in vielen alternativen Schulkonzepten, wie Waldorf, Montessori und Pestalozzi, materialorientiertes Arbeiten Bestandteil des Curriculums.

Auch Richard Sennett verfolgt in seinem 2008 erschienenen Buch „Das Handwerk“ die Ansicht, dass alle Fertigkeiten – unabhängig von ihrem Abstraktionsgrad – aus einer körperlichen Praxis entstehen. Sennet verfolgt einen erweiterten Begriff handwerklicher Tätigkeit, zu der auch Musik machen gehört, in letzter Konsequenz alles, was ein
«Bemühen um qualitativ hochwertige Arbeit“ ist und letztlich „von der Neugier auf das bearbeitete Material“ abhängt. Nach Sennet ist das „Wissen der Hände“ älter als das Wissen der Augen, Zungen und Ohren.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte das „Do it Yourself“ außerhalb des schulischen Bereiches eine Renaissance. Dieses Mal als primär männliche Domaine des Heimwerkers, der sich damit als Amateur vom beruflichen Handwerker unterscheidet. 1957 erschien in Deutschland die erste Ausgabe der Zeitschrift „Selbst ist der Mann“ und 1960 eröffnete mit dem „Bauhaus“ der erste Baumarkt, der sich an diese Zielgruppe richtete und sowohl Materialien als auch Werkzeuge unter einem Dach anbot.

Lernen in der Ausstellung

Die Ausstellung „Do it Yourself“ greift diese Intentionen wieder auf und will das Basteln aus der Nische des Hobbys herausholen. Mit Hilfe der 20 Materialblätter, die in den Fächern Gesellschaftskunde, Arbeitslehre, Deutsch, Physik und Englisch eingesetzt werden können, kann erlebt werden, wie exemplarisches Lernen konkret funktioniert: durch praktisches Tun.
Denn wie sagte schon Johann Wolfgang Goethe im Faust: Am Anfang steht für ihn nicht das Wort, der Sinn oder die Kraft, sondern „Auf einmal seh ich Rat und schreibe getrost: Im Anfang war die Tat.“

Rosemarie Wesp ist Museumspädagogin im Museum für Kommunikation Frankfurt

 

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Lehrermaterialien (44 Seiten): Arbeitsblätter und Lösungen

Flashversion: Auszug des Lehrermaterials (8 Seiten) mit Einleitung, Inhaltsverzeichnis und drei Beispielseiten im Rahmen der Ausstellung „Do It Yourself: Die Mitmach-Revolution“ im Museum für Kommunikation Frankfurt und Berlin.

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2 Antworten auf Arbeitsblätter für Schüler

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